Am 26. April 1986 ereignete sich in der damaligen Sowjetunion eine Umweltkatastrophe, die als das bisher schwerste zivile nukleare Ereignis in die Geschichte eingehen sollte.
Nahe der ukrainischen Stadt Prypjat kam es im Kernkraftwerk Tschernobyl zu einer Explosion im Kernreaktor als Folge einer Kernschmelze. Konstruktionsmängel, Planungs- und Bedienungsfehler bei einem Versuch potenzierten sich und führten zu einem Super-GAU. Große Mengen radioaktiven Materials verteilten sich in der Luft, nicht nur über dem Ereignisort in der Ukraine oder über Weißrussland sondern über viele Regionen Europas. Bei einer nicht genau bekannten Zahl von Menschen führte das Unglück sofort zum Tod, gesundheitliche, psychische, ökonomische und soziale Schäden wirken bis in die Gegenwart.
In der DDR wurde die Katastrophe zur Herausforderung für SED und Staatssicherheit: Eine radioaktive Wolke bedrohte die Menschen in der DDR und die westliche Berichterstattung unterlief die DDR-Informationspolitik, die überwiegend auf Beschwichtigung setzte. Wirtschaftliche Probleme drohten, da u. a. für den Export bestimmte Lebensmittel als verstrahlt galten und nicht mehr von den westlichen Handelspartnern abgenommen wurden. (Dafür gab es ‚auf einmal‘ frisches Gemüse in des Läden der DDR, wie z. B. Salatgurken u. ä….)
Auf der anderen Seite stand ein auf sowjetischer Technologie basiertes Kernenergieprogramm der DDR, das zunehmend an Rückhalt in der Bevölkerung verlor. Der GAU sorgte somit für Zulauf in den Öko- und Anti-Kernkraftgruppen der Opposition.
Kinder drücken ihre Ängste und Traumata oft in Zeichnungen aus. Als Botschaft, als Signal an die Umwelt; sie zeigen ihre Gefühle, sie erzählen Geschichten, zu denen ihnen die Worte fehlen: von einer Katastrophe, die sie noch weniger fassen können als die Erwachseneren.
Zu Beginn der 1990er Jahre entstanden Tschernobyl-Hilfsvereine, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Menschen aus den verstrahlten Gebieten der Ukraine und Weißrusslands zu helfen, unter anderem mit Erholungs- und Genesungsaufenthalten für die Kinder. Das Dokumentationszentrum hat 1995 in Kooperation mit dem Verein „Kinder von Tschernobyl Sachsen-Anhalt e. V.“ eine erste Ausstellung mit den Zeichnungen der Kinder veranstaltet. Die Kinder aus den Regionen Lojew, Pinsk und Osnegilzkie waren zum Zeitpunkt der Entstehung der Zeichnungen zwischen 3 und 16 Jahre alt.
Wir haben die Ausstellung durch einige Fotografien ergänzt, die am 11. Juni 2016 entstanden. Der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt, Dr. Kai Langer, hat anläßlich einer Reise in das Gebiet mit seiner Kamera den Zustand „30 Jahre danach“ dokumentiert.