In der DDR wurde vielfach sehr jung geheiratet, oft aus ganz „praktischen“ Gründen: weg von den Eltern oder die erste gemeinsame Wohnung. Die DDR hatte auch eine der weltweit höchsten Scheidungsraten. Eine Ehescheidung war nur mit wenigen Hürden verbunden, die wirtschaftliche Unabhängigkeit der meisten Frauen kam hinzu. Unterhaltszahlungen für Kinder waren geregelt und üblich, für Ehepartner jedoch praktisch nicht vorgesehen. Scheidung wurde weitgehend von der ostdeutschen Bevölkerung als Privatsache angesehen. Dies änderte sich mit der deutschen Einheit.
Am 16. Mai hat Anja Schröter die Ergebnisse ihrer Analysen zur Scheidungspraxis in Ost und West vorgestellt. Dabei hat sie den Zeitraum des letzten DDR-Jahrzehnts über die Umbrüche 1989/90 bis hin zur Jahrtausendwende betrachtet. Anja Schröter sprach sowohl mit Juristen als auch mit ostdeutschen Bürgern und hat diese nach ihren Erfahrungen befragt. Damit konnte sie in ihrer Studie nachweisen, dass nicht einfach die westdeutsche Scheidungspraxis auf Ostdeutschland übertragen wurde. Vielmehr gestalteten ost- und west-deutsche Familienrichter eine eigene Scheidungs-rechtskultur, die das vereinigte Deutschland mit prägte.
In der anschließenden Diskussion kamen dann noch Fragen zum Umgang mit in der DDR geschiedenen Frauen und deren finanzieller Situation auf, einiges wurde im Einzelgespräch im Anschluss an den Vortrag mit der Referentin direkt besprochen.
Foto: Bettina Wernowsky